Wenn man sich einmal in der Branche umsieht, dann könnte man meinen, dass sich der Journalismus gerade neu erfindet. Denn während sich viele junge Journalistinnen und Journalisten die Frage stellen, welche Zukunft sie in ihrem Job wohl erwartet, eröffnen sich abseits des traditionellen Journalismus zahlreiche Wege, die noch vor wenigen Jahren kaum denkbar schienen.
Die Medien verändern sich und mit ihnen der journalistische Alltag, dessen neuartige Arbeitsabläufe auch das Berufsbild des Journalisten verändern. Der Weg über den klassischen Artikel ist oftmals zu behäbig und zwingt viele Journalisten zum formloseren “Bloggen”. Auch selbst wird oft ein eigener Blog betrieben, die freie Software WordPress und fundierte Anleitungen zur Installation von WordPress machen es möglich. Das digitale Zeitalter verändert den Journalismus und wirft oftmals auch die herausfordernde Frage nach dem Verhältnis von Qualität und Quantität auf.
Dieser Herausforderung sollen und müssen sich Journalisten stellen, denn schließlich steht die digitale Revolution nicht nur für einige zusätzliche Stressfaktoren, sondern vor allem auch für das größte Publikum der Menschheitsgeschichte. Niemals zuvor hatten journalistische Inhalte eine größere Reichweite. Mit der Größe der Leserschaft ist gleichzeitig das Bedürfnis nach gutem, seriösem und aufklärendem Journalismus gewachsen.
Und damit ist eines klar: Auch im digitalen Zeitalter mit seinen raffinierten Möglichkeiten sind Journalisten keineswegs von den klassischen Methoden journalistischer Recherchearbeit entbunden. Internet und E-Mail können das persönliche Gespräch mit Informationsquellen nicht ersetzen. Und eine gründliche Dokumentation erst recht nicht.
Was aber macht guten Journalismus abseits dieser formalen Kriterien aus und kann man überhaupt objektive Bewertungskriterien entwickeln? Eines ist jedenfalls sicher – Journalisten müssen, wenn sie gut sein wollen, dorthin gehen, wo bisher noch niemand war. Sie müssen Pioniere und vor allem festen Willens sein, unbeirrbar weiter zu machen, egal wie viele Steine ihnen plötzlich im Weg liegen. Denn auch wenn der Satz „Qualität kommt von Qual“ bereits ganz schön abgegriffen ist, so ist er doch vollkommen richtig. Für belanglosen Journalismus und Artikel, die man morgen schon wieder vergessen hat, muss man sich nicht quälen. Für guten Journalismus schon. Dafür wird der Journalist sein Bestes und vor allem etwas in die Waagschale werfen müssen, das eigentlich keiner hat – viel Zeit. Abgesehen davon, dass sich fast alle gängigen Organisationsstrukturen und mit ihnen u. a. auch das Redaktionsmanagement verändert haben, bleibt es prinzipiell bei den zeitaufwändigeren Darstellungsformen, die sich für Journalisten bewährt haben: Der Reportage, dem Hintergrundartikel, dem Kommentar oder dem Interview.
Eine der wertvollsten Errungenschaften der westlichen Welt und gleichzeitig eine der wichtigsten Säulen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist die Pressefreiheit. Qualitätsjournalismus ist die höchste Form der Wahrnehmung dieses Grundrechts. Denn er zeigt, dass man verstanden hat, welch vornehme journalistische Aufgabe mit der Pressefreiheit einhergeht. Wenn Journalisten dieser Aufgabe nicht mehr nachkommen können – oder schlimmer – nicht nachkommen wollen, dann ist die Pressefreiheit nichts weiter als ein zahnloser Tiger bzw. ein Relikt, das man zwar ob seiner Schönheit bestaunen kann, das aber eben doch nur ein Relikt ist. Die Forderung nach einem größeren Angebot von gutem Journalismus unterstreicht damit zugleich das Bestreben, dem Verflachen redaktioneller Arbeit durch zu großen Renditedruck entgegenzuwirken. Wenn Journalisten nur noch Massencontent als Füllmaterial für Zeitungs- oder Internetseiten produzieren, wozu braucht es dann noch eine grundrechtlich garantierte Pressefreiheit?
Viele Journalisten würden auf die Frage nach einem wesentlichen Merkmal für guten Journalismus wahrscheinlich mit dem Hinweis auf Unabhängigkeit bzw. Überparteilichkeit antworten. Und damit hätten sie natürlich Recht – ein guter Journalist sollte sich im Idealfall als neutraler Informationsvermittler verstehen.
Was aber, wenn der Druck zunimmt? Wenn die eigene wirtschaftliche Situation bedrohlich wird? Wenn es Gegenwind von Kolleginnen und Kollegen gibt? Wenn die politischen Verhältnisse kippen und man mit seiner Arbeit plötzlich auf ziemlich viele bedeutsame Zehen treten könnte?
Dann zeigt sich, dass man das Wichtigste verstanden hat, das es über guten Journalismus zu verstehen gibt: Man lässt sich auf keinen Fall einschüchtern! Mutet das im wohlbehüteten Westen, wo vielleicht einmal im Konfliktfall eine berufliche Repression hingenommen werden muss, noch relativ unspektakulär an, gewinnt das Gewahrwerden dieser journalistischen Kernkompetenz in Ländern, in denen unliebsame Berichterstatter den Besuch von Killerschwadronen fürchten müssen, eine ganz andere Dimension.
Jeder kann sich an große Stunden des Journalismus erinnern. Zumeist waren das die Zeiten, in denen Skandale aufgedeckt wurden, an die sich heute noch jeder erinnern kann. In diesen Zeiten hat der Journalismus das geleistet, was von ihm verlangt werden darf: Er ist im Rahmen seiner grundgesetzlich verankerten Pressefreiheit den Mächtigen gefährlich geworden, hat entdeckt, enthüllt, aufgeklärt. Aber das sind nur vorübergehende punktuelle Highlights. Guten Journalismus brauchen wir auch dann, wenn es gerade keinen Steuer- oder Spendenskandal zu enthüllen gibt. Die Medien sollten ihn sich leisten, denn er ist das Beste, was aus der Pressefreiheit erwachsen kann. Und er wird sich auf Dauer durchsetzen.
Bereits vor beinahe zehn Jahren unkte die Direktorin der Journalism School / University of Southern California, Geneva Overholser, dass “Journalismus, wie wir ihn kennen, ist vorbei”. Gemünzt hatte sie diese Aussage auf den Zeitungsjournalismus, der bereits Jahre vor der Banken- und Finanzkrise in einer eindeutigen Absatzkrise steckte. Beinahe die Hälfte der amerikanischen Zeitungen erwirtschaftete zu diesem Zeitpunkt keine Gewinne mehr, sondern schrieb rote Zahlen.
Die Gewohnheiten der Menschen haben sich geändert. Die Zeitung zum Frühstück ist längst nicht mehr das klassische Modell, auch wenn jüngste Umfragen belegen, dass Schüler in Deutschland im Medium Zeitung nach wie vor ein großes Potenzial für wertvolle Orientierungs- und Unterhaltungsmöglichkeiten zu sehen scheinen. Dennoch haben insbesondere beim jüngeren Publikum die elektronischen Informationsmedien der Tageszeitung den Rang zu einem guten Stück abgelaufen. Ist das als Hinweis darauf zu werten, dass das Internet seine Sache besser macht?
Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung, schrieb in einem Grundlagenartikel einmal, dass man guten Journalismus inzwischen primär dafür brauche, um Nachrichten einzuordnen, nicht um sie zu verbreiten. Im Hinblick auf die Verbreitung habe das Internet klar die Nase vorn. Guter Journalismus in dem Sinne, wie er sich auf ihn bezieht, sei daher im Grunde unabhängig vom Medium und könne sowohl gedruckt als auch online betrieben werden. Der Zeitungsjournalismus wäre aufgrund seiner Ausführungen also weniger wegen der Konkurrenz durch das Internet, als vielmehr wegen der Verbreitung unrelevanter bzw. uninteressanter Inhalte in der Krise.
Wie auch immer, viele Zeitungsjournalisten sind inzwischen dazu übergegangen, das eigene Produkt schlecht zu reden bzw. zu schreiben und in einer Art morbider Lust vom eigenen Ende zu orakeln. Die eingangs gemachten Ausführungen zur Lage auf dem US-Zeitungsmarkt war für viele deutschsprachige Publizisten eine vielleicht nicht willkommene, aber dennoch lustvoll genutzte Vorlage, um aufgeregt auf die sich bereits realisierte Ansteckungsgefahr hinzuweisen. Dabei wäre eine gründliche Ursachenforschung weitaus konstruktiver.
Zeitungen sind seit jeher bemüht die zeitliche Distanz zwischen einem bestimmten Ereignis, welches einer Berichterstattung wert ist, und der Veröffentlichung in der eigenen Publikation auf ein Minimum zu verkleinern. Das ist ihnen durch ein gut ausgebautes Netz von Korrespondenten und Nachrichtenquellen und die Nutzung modernster Kommunikationswege weitestgehend gelungen. Aber im Wettbewerb mit dem Internet steht man in dieser Hinsicht auf verlorenem Posten. Während die Zeitung ihre Leser im Regelfall am nächsten Morgen über wichtige Ereignisse des Vortags informiert, schafft es das Internet mittlerweile beinahe in Echtzeit. Diese Schwäche muss den Zeitungen bewusst sein, wenn sie nicht Gefahr laufen wollen, einen aussichtslosen Kampf zu kämpfen.
Denn eine wirkliche Ergänzung von Zeitungs- und Onlinejournalismus kann nur dann statt finden, wenn man sich auf seine spezifischen Stärken besinnt. Da es beim Zeitungsjournalismus nicht die Geschwindigkeit ist, muss es etwas anderes sein. Etwas, das in der Rasanz der Internet-Berichterstattung zumeist auf der Strecke bleibt: Analytischer Tiefgang, gründliche Hintergrundbeleuchtung, kritische Kommentierung. Auf diese Weise, also durch die Auswertung und Bewertung von Informationen, kann die Zeitung unter Beweis stellen, dass sie gegenüber dem Medium Internet einen unbestreitbaren USP besitzt, mit dem sie sich gegenüber diesem abgrenzt und abhebt.
Im Grunde hat das Internet dem Journalismus einen Gefallen getan, denn es hat dazu beigetragen, den Wert von gutem Journalismus heraus zu stellen. Der macht sich nämlich nicht durch ein Überangebot von schnell verfügbaren Informationen bemerkbar. Zeitungen, die das verstanden haben, werden eine ausreichend große Leserschaft haben und überleben. Denn sie werden ihren Lesern eine unerlässliche Hilfe zum Verständnis vieler Vorgänge sein, die in unserer globalisierten Welt einer klugen und detaillierten Analyse bedürfen. Wenn eine Zeitung ihren Lesern das ist, dann hat sie damit einen Status erreicht, von dem das World Wide Web wahrscheinlich noch in Jahren träumen wird.
In Teil 1 unserer Reihe: “Selbstvermarktung für Journalisten” haben wir die Zielgruppen definiert, in Teil 2, die Kontaktaufnahme mit dieser Zielgruppe thematisiert – und in diesem Teil unserer Reihe dreht sich alles um die Inhalte und deren Verteilung
Die eigene Anhängerschaft zur Weiterverteilung motivieren
Die Profile sind eingerichtet, die ersten Kontakte in den sozialen Netzwerken geknüpft – zum Beispiel, indem persönliche Bekannte direkt eingeladen werden. Und was nun?
Jetzt gilt es, die bestehenden Kontakte bei Laune zu halten und sie als „Makler“ für die eigene Sache einzuspannen. Denn wer relevante und/oder amüsante Informationen liefert, kann sich fast sicher sein, dass diese von den eigenen Anhängern weiterverteilt werden.
Das kann geschehen in Form öffentlich einsehbarer „Likes“ auf den Profilseiten bei Facebook (z. B. „XY gefällt das!“), durch ReTweets bei Twitter (gemeint ist das Weiterleiten von fremden Tweets) – aber in jedem Fall: völlig kostenlos!
Inhalte liefern – am einfachsten per Verweis auf eigene Arbeiten
Wer als Journalist nicht gänzlich neu „im Geschäft“ ist und schon ein paar online abrufbare Inhalte zu bieten hat, kann diese quasi „zweitverwerten“.
In einer Facebook-Gruppe oder einem Google+-Kreis wird ein Thema heiß diskutiert, über das ich schon einmal geschrieben habe? Einen cleveren Kommentar abgeben und darunter den Link zum eigenen Artikel setzen!
Bei Twitter ertönt ein neuer #Aufschrei? Thematisch passende eigene Arbeiten können in die Debatte eingespielt werden (bei emotional besetzten Themen sollte man aber sensibel vorgehen, um nicht unvermittelt Ziel eines Shitstorms zu werden).
Dieses Vorgehen erscheint besonders vorteilhaft bei selbst verfassten Online-Artikeln, die ohne Nennung des eigenen Namens erschienen sind – so kann eine Zuordnung zwischen Beitrag und Autor nachträglich noch hergestellt werden.
Umfangreiche Inhalte? Ein Blog bietet jede Menge Raum dafür!
Die sozialen Netzwerke eignen sich sehr gut, um kürzere Kommentare und/oder Verweise auf eigene Arbeiten zu verteilen. Längere Texte wirken dagegen schnell unübersichtlich und damit unleserlich.
Was aber, wenn ich mich nicht kurz fassen will oder kann – etwa, weil mein Thema zu komplex ist?
Dann muss definitiv ein Blog her. Als ganz persönliche journalistische Spielwiese lässt ein Blog dem Besitzer jede erdenkliche Freiheit (auch hinsichtlich der Textlänge). Und die eigenen Kontakte können weiter als „Verteiler“ genutzt werden, indem man sie auf neue Blogartikel aufmerksam macht.
Einen Blog anlegen und den Schwerpunkt bestimmen
Als Plattform für Blogs hat sich mittlerweile WordPress durchgesetzt – eine freie Blogsoftware, die stetig weiterentwickelt wird und für die WordPress Agenturen sehr gute WordPress Schulungen anbieten um dieses CMS System schnell und unkompliziert zu erlernen und zu beherrschen. Um in den Weiten des Netzes gut auffindbar zu sein, sollte der WordPress-Blog mit aussagekräftigem Namen unter einer Top-Level-Domain verfügbar sein (z. B. www.selbstvermarktungsblog.de). Entsprechende Angebote gibt es bei zahlreichen Webhostern für wenige Euro monatlich.
Der Name der Top-Level-Domain sollte die Ausrichtung des Blogs widerspiegeln. Und die wiederum sollte natürlich entsprechend den eigenen journalistischen Schwerpunkten gewählt werden: Von welchem Thema habe ich überdurchschnittlich viel Ahnung?
Bevor es losgeht – Impressum nicht vergessen!
Wer eine eigene Webseite betreibt, fällt unter die Impressumspflicht – das gilt natürlich auch für Blogger. Also: Die entsprechenden Angaben nicht vergessen.
Ist das geschehen, kann es endlich ans Eingemachte gehen: Jetzt muss der berühmt-berüchtigte Content geliefert werden.
Bloginhalte – erlaubt ist, was gefällt
Blogs als journalistisches Medien können die ganze Vielfalt des Journalismus abbilden. Es gibt im Grunde keine Vorgaben. Das heißt auch: Blogs sind keineswegs „text-only“ – wer eigenes Videomaterial oder Podcasts produziert hat, kann sie ebenfalls via Blog veröffentlichen.
Generell eignet sich ein Blog sehr gut, um die Öffentlichkeit an der eigenen Gedankenwelt teilhaben zu lassen. Journalistische Blogger greifen dabei häufig auf eine essayistische Form zurück: Ein „gehobener Plauderton“ und bissige Formulierungen sorgen für eine gute Zugänglichkeit und animieren zum Kommentieren und Weiterverteilen.
Der Blog bietet sich auch dazu an, Informationen zu publizieren, die an anderer Stelle nicht veröffentlicht werden konnten (etwa, wenn im Zuge einer Auftragsarbeit Rechercheergebnisse keinen Platz mehr im finalen Artikel gefunden haben).
Um eigene Artikel aufzulockern, können Fotos eingebettet oder per Link auf fremde Inhalte verwiesen werden, um dem Leser zusätzliche Informationen zu vermitteln. Das Verlinken (und Verlinkt-werden) sorgt außerdem dafür, dass der eigene Blog in der Google-Suche weiter vorn auftaucht, wenn nach thematisch passenden Begriffen gesucht wird.
Für Google sind ein- und ausgehende Links Anzeichen für die Beliebtheit und „Wichtigkeit“ einer Seite. Eine gute „Sichtbarkeit“ des eigenen Blogs bei Google ist entsprechend ein guter Gradmesser für den Erfolg.
Die Zukunft liegt im Lokaljournalismus. Zu diesem Ergebnis kamen bereits vor vier Jahren die Teilnehmer des »Mainzer Mediendisputs«. Tatsächlich handelt es sich bei der überwiegenden Mehrheit der in Deutschland erscheinenden Tageszeitungen um Regional- und Lokalzeitungen. Doch neben der klassischen Tageszeitung etabliert sich mittlerweile eine weitere Alternative: Lokale Nachrichtenblogs im Internet werden immer beliebter.
Hardy Prothmann setzte als einer der Ersten voll auf Lokaljournalismus im Internet. Der 47-jährige Journalist gründete 2009 das Heddesheim-Blog, das über lokale Themen aus der 11500-Einwohner-Gemeinde in der Nähe Mannheims berichtet. Mittlerweile betreibt er zahlreiche weitere Blogs über andere Gemeinden aus dem Rhein-Neckar-Kreis. Die Angebote funktionieren so gut, dass Prothmann inzwischen sogar eine eigene Volontärin ausbildet.
Tatsächlich war es bis hierhin ein weiter Weg. Prothmann meint, dass es knapp zwei Jahre dauere, bis sich ein Lokalangebot im Internet finanziell von selbst trage. Dabei gilt es in erster Linie Werbekunden zu überzeugen, die bisher vor allem in klassischen Printmedien Anzeigen schalteten.
Wie schwer dies sein kann, hat Mark Lubkowitz erlebt. Der Journalist betreibt seit 2011 die Website »Ismaninger Online«, die über das Geschehen aus einer Gemeinde im Norden Münchens berichtet. Zwar entwickelte sich das Projekt schnell, die Seitenaufrufe wurden immer mehr, zuletzt waren es zwischen 1000 und 2000 pro Tag. Was ausblieb waren jedoch die Werbeeinnahmen. Kaum ein Ismaninger Unternehmen wollte auf der Website inserieren. Die Wenigen, die es dennoch taten, machten es nur, »um mir persönlich einen Gefallen zu tun«, sagt Lubkowitz. Hauptproblem war seiner Meinung nach nicht die Reichweite, sondern die Relevanz.
Seit 1. Juli 2014 befindet sich »Ismaninger Online« im »Ruhezustand«. Die Website wird komplett überarbeitet, Lubkowitz sagt, dass er künftig »Lokaljournalismus 3.0« produzieren möchte. Dazu zählt vor allem die Konzentration auf das Wesentliche. Schnelle Meldungen und Nachrichten aus den Vereinen wird es künftig nicht mehr geben. »Die Vereine veröffentlichen diese News bereits selbst auf ihren eigenen Websites. Die Webseite Ismaninger Online muss also nicht zum Multiplikator verkommen«, schreibt Lubkowitz in einem Beitrag zur Neuausrichtung des Lokalblogs.
Stattdessen sollen in Zukunft vor allem gründlich recherchierte Geschichten, Meinungen und Interviews im Vordergrund stehen. Es werde dann nur noch für die Leser geschrieben und nicht mehr für etwaige Werbekunden. Die Jagd nach immer mehr Klickzahlen und Seitenaufrufen soll beendet werden. Das erinnert verblüffend an das Konzept, das auch die mittels »Crowdfunding« finanzierten »Krautreporter« verfolgen.
Um Einnahmen zu generieren, will Lubkowitz künftig vor allem auf soziale Netzwerke setzen. News aus den Vereinen auf Twitter, Facebook und Co. sollen bei »Ismaninger Online« gesammelt und entsprechend verlinkt werden. Hierdurch hätten auch Benutzer Zugriff auf solche Inhalte, die bisher nicht in den entsprechenden Netzwerken aktiv seien. Werbung werde nur noch in den eigenen »Social Media«-Kanälen geschaltet. Dadurch werde sie für die Unternehmen transparenter, da diese sofort ein Feedback erhielten, was die User tatsächlich bewegt. Die Reichweite von »Ismaninger Online« auf Facebook, Twitter oder Google+ sei zudem deutlich größer als die jedes Ismaninger Unternehmens. Daneben denkt Lubkowitz auch über eine Integration des Zahlungsdienstes »LaterPay« auf der neuen Website nach.
Ein Problem von »Ismaninger Online« ist die starke lokale Konkurrenz vor Ort. Neben Tageszeitungen mit Lokalteil, wie der »Süddeutschen Zeitung« oder dem »Münchner Merkur«, gibt es mit den gemeindeeigenen »Ortsnachrichten« und dem Anzeigenblatt »Ismaninger Rundschau« gleich mehrere Konkurrenzpublikationen. Eine solche Konkurrenzsituation stellt jedoch die Ausnahme in Deutschland dar: In fast 60 Prozent aller Gemeinden und Kommunen erscheint lediglich eine einzige lokale Tageszeitung. Daneben erscheinende Anzeigenblätter gehören oftmals zum selben Verlag. Ein echter Wettbewerb ist damit nicht gegeben.
Dabei haben Inhaltsanalysen durchaus ergeben, dass sich verschiedene Lokalmedien sowohl inhaltlich unterscheiden als auch gegenseitig ergänzen. Dies zeigt auch ein Beispiel aus Berlin. Dort gibt es mit den »Prenzlauerberg Nachrichten« und der »Prenzlberger Stimme« gleich zwei konkurrierende Lokalblogs. Zwar berichten beide aus dem Bezirk Prenzlauer Berg, dennoch liegt der Fokus auf jeweils unterschiedlichen Themen. Während die »Prenzlberger Stimme« vor allem auf Nachrichten setzt, gibt es für die Leser bei den »Prenzlauerberg Nachrichten« mehr Hintergrundgeschichten. Beide Angebote ergänzen sich also.
Klassische Printmedienmacher sollten die digitale hyperlokale Konkurrenz daher nicht fürchten, sondern als Ansporn nehmen, selbst besser zu werden. Denn dank gut recherchierter Geschichten und Porträts ist Lokaljournalismus mehr als nur der Bericht über die letzte Sitzung des Kaninchenzüchtervereins.
Am 10. März 2012 ging der »Zugmonitor« der »Süddeutschen Zeitung« online. Dabei handelt es sich um eine interaktive Grafik, die anzeigt, ob Züge in Deutschland pünktlich sind. Der Zugmonitor war das erste große Datenjournalismus-Projekt, das in Deutschland auf breite Resonanz stieß. Es zeigt, wie sich Journalismus verändert.
Seit dem Zugmonitor folgten viele weitere Datenprojekte auf sueddeutsche.de. Unter der Rubrik »DataGraph« werden inzwischen alle Datenjournalismus-Projekte der Zeitung zusammengefasst. Bis heute sind es fast 50. Nicht nur Zugverspätungen werden hier visualisiert, sondern auch Wahlen, die wirtschaftliche Entwicklung oder Lobbybeziehungen von Politikern.
Die SZ macht diese Projekte nicht, um neue journalistische Stilformen zu testen, sondern weil sie notwendig im Kampf um die Leser sind. So schreibt Sueddeutsche.de-Chef Stefan Plöchinger in seinem Buch »Wie innovativ Journalismus sein muss«, dass datenjournalistische Projekte zwar unglaublich teuer sein mögen. Gleichzeitig müsse man sie aber durchführen, zum einen aus journalistischen aber eben auch aus wirtschaftlichen Gründen. »In einem sehr dichten Wettbewerb der Internetangebote« helfe nur »publizistische Differenzierung«. Nur so könne man herausstechen und das Publikum überzeugen.
Dabei wird allerhand Neuland betreten. Der sogenannte »Europa-Atlas«, in dem die Lebensverhältnisse der Bürger in den einzelnen europäischen Ländern veranschaulicht werden, entstand beispielsweise in Zusammenarbeit mit der Universität Augsburg. Die Anwendung wurde im Rahmen der Bachelorarbeit von einem Studenten programmiert. Die SZ probiert also auch hier neue Möglichkeiten aus.
Vieles an den Projekten wirkt heute noch experimentell. Die Bedienung des »Europa-Atlas« ist beispielsweise noch nicht wirklich ausgereift und teilweise schwierig. Bereits im vergangenen Jahr forderte der Journalist Lorenz Matzat daher, dass in den Redaktionen künftig nicht nur Programmierer, sondern auch Usability- und Interfacedesigner sitzen müssten. Nur so könnte eine ansprechende Bedienoberfläche für die Multimediaprojekte der Online-Medien geschaffen werden.
Die »Süddeutsche Zeitung« war die erste überregionale Zeitung, die in Deutschland das Thema Datenjournalismus einer breiten Öffentlichkeit praktisch näher brachte. Inzwischen haben viele andere Zeitungen und Magazine nachgezogen. Die Berliner »taz« etwa zeigt Übergriffe auf Politiker und Anschläge auf Parteibüros in Deutschland in einer interaktiven Karte. Im Rahmen des Projekts »Hochschulwatch« werden zudem Verbindungen zwischen Wirtschaft und Hochschulen offengelegt. So wird gezeigt, welche Unternehmen sich wie an deutschen Universitäten engagieren und Einfluss nehmen. Neben Stiftungen, Stipendien und Sponsoring werden hier Vertreter aus der Wirtschaft genannt, die im Hochschulrat der jeweiligen Universität sitzen.
Auch bei »Spiegel Online« wird Datenjournalismus immer wichtiger. Bereits im vergangenen Jahr hatte dessen Chef vom Dienst Matthias Streitz in einem Interview mit dem Datenjournalisten Timo Stukenberg angedeutet, man wolle dieses Thema jetzt forciert angehen. In fast allen Resorts gebe es bereits eigene Datenjournalisten. Streitz sprach dabei auch ein Problem an, das vor allem am Anfang auftrat: Die neue Darstellungsform musste erst entdeckt werden. So habe man beispielsweise bei der Berichterstattung über »Wikileaks« zu stark auf textliche Aufbereitung gesetzt und zu wenig bedacht, wie eine grafische oder multimediale Aufbereitung aussehen könnte. Dies wolle man in der Zukunft verbessern. Zudem müssten datenjournalistische Projekte langfristig geplant werden, sodass bei kurzfristigen Geschehnissen eine entsprechende Darstellung derzeit noch nicht möglich sei.
Seit dem Interview ist viel geschehen bei »Spiegel Online«. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Datenjournalismus-Projekten. Das Größte davon überrascht: die Berichterstattung über die Fußball-Bundesliga. Die Hamburger greifen hierfür auf die Daten des Dienstleisters opta zurück. In der Datenbank werden nicht nur die Daten zu jedem einzelnen Spieler eingepflegt, sondern es gibt fast alles, was irgendwie während eines Spiels gezählt werden kann: Erfolgreiche und erfolglose Pässe, Dribblings, Flanken, Torschüsse, Ballsicherungen und Abseitsstellungen werden ebenso erfasst, wie die Raumaufteilung oder vom Torwart gefaustete Bälle. Mit einem Klick auf die entsprechende Schaltfläche werden diese Statistiken dann visuell dargestellt.
Eines kann die Analysesoftware auf »Spiegel Online« aber noch nicht: Automatisch Spielberichte verfassen. Das klingt wie eine Zukunftsvision, aber ist doch bereits heute Realität. Roboterjournalismus heißt diese neue Stilform im Onlinejournalismus, die seit etwa 2009 existiert. Damals wurden im Rahmen des Projekts »Stats Monkey« in den USA erstmals automatische Spielberichte zu Baseball-Spielen erzeugt. Aus dem »Stats Monkey« ist inzwischen das Unternehmen »NarrativeScience« entstanden, das zum Marktführer in Sachen Roboterjournalismus geworden ist. So entwickelte das Unternehmen einen speziellen Bot, der Aktienmärkte analysieren und Marktanalysen schreiben kann. Inzwischen verfasst dieser Bot bei Forbes ein eigenes Blog, indem Aktienbewertungen vorgenommen werden.
Lorenz Matzat etwa denkt, dass in Deutschland beim Fußball der Roboterjournalismus seinen großen Durchbruch schaffen werde. Grund sei, dass Sportereignisse besonders einfach statistisch zu erfassen seien. Aus den gewonnenen Daten könne dann ein entsprechender Spielbericht geschrieben werden. Dabei könnte sogar einfließen, wie laut die Fans bei gewissen Spielsituationen jeweils jubelten. Doch selbst wenn in Zukunft einzelne Spielberichte durch Algorithmen geschrieben werden, eines wird ein Roboter so schnell nicht können: Interviews nach dem Spiel führen und auswerten.
Roboter können aber dabei helfen entsprechende Routineaufgaben zu übernehmen und menschliche Journalisten dadurch entlasten. So kann zum Beispiel Recherchematerial automatisch sortiert und getaggt werden. Durch Spracherkennung und entsprechende Algorithmen werden Interviews automatisch transkribiert. Und Meldungen der verschiedenen Nachrichtenagenturen pflegt der Computer automatisch in das Content-Management-System des Verlags ein.
Dabei sollten Journalisten sich aber nicht blind auf die Arbeit der elektronischen Helfer verlassen. Rechercheergebnisse sollten beispielsweise stets selbst überprüft werden. Auch beim Umschreiben von Agenturmeldungen oder Pressemitteilungen ist das menschliche Gehirn gefragt: Denn entsprechende Marketingsprüche kann ein Algorithmus nur schwer selbst erkennen. Lorenz Matzat sagte daher auch auf der Messe »re:publica 2014«, dass bei aller Liebe zum Roboterjournalismus stets der Pressekodex gelten müsse. Insbesondere das Gebot der wahrheitsgetreuen Wiedergabe und Überprüfung von Fakten stehe hier an erster Stelle.
Datenjournalismus und Roboterjournalismus gehen also Hand in Hand. Im Redaktionsalltag sollte dennoch nicht zu viel auf diese neuen Formate geschaut werden. Gewiss, es mag eine Arbeitserleichterung durch automatisches Zusammentragen von Daten und Sortieren geben. Wer sich aber zu sehr auf die Hilfe von Maschinen verlässt, verlernt das journalistische Handwerk. Im Mittelpunkt guter Reportagen stehen nur selten Fakten, sondern Menschen. Und die trifft man am besten persönlich, um ihre Geschichte aufzuschreiben.
Die journalistische Karriere in Schwung bringen – durch Selbstvermarktung
Freiberufler müssen die eigenen Produkte und Dienstleistungen in der Regel selbst unters Volk bringen, um Geld zu verdienen – das gilt für Musiker und Designer ebenso wie für freie Journalisten.
Für jeden Freiberufler sollte es daher das Ziel sein, sich nicht nur mit Qualitätsarbeit einen guten Ruf zu erarbeiten, sondern auch aktiv für die eigene Bekanntheit zu sorgen.
Denn „nur“ durch exzellente Arbeitsleistung lässt sich der Lebensunterhalt kaum bestreiten, wenn niemand davon erfährt und darum auch keiner dafür zahlt.
Auch und gerade freie Journalisten müssen daher etwas Zeit und Energie aufwenden, um positiv aufzufallen und in Erinnerung zu bleiben.
Möglichst viele potentielle Auftraggeber erreichen und überzeugen: Beim Stichwort „Selbstvermarktung“ dürften die ersten Gedanken wohl in diese Richtung gehen. Und auch für Journalisten stehen die Beziehungen zu Verlagen und Redaktionen verständlicherweise meist im Vordergrund, denn das sichert unmittelbar das eigene Auskommen.
Darüber hinaus gibt es jedoch auch weitere Personenkreise, die Medienschaffende bei den eigenen Selbstvermarktungsbemühungen berücksichtigen sollten.
Durch Respekt gegenüber Menschen, die derselben Tätigkeit nachgehen, lässt sich viel erreichen. Trotz der angespannten Lage – Stichwort “Medienkrise” – ist kollegialer Zusammenhalt unter Journalisten als Ausdruck gegenseitiger Wertschätzung keineswegs die Ausnahme. Das reicht vom ungezwungenen Gedankenaustausch, aus dem sich Ideen für neue Artikel oder Beiträge ergeben können, über die Weitergabe von Wissen bis hin zur Vermittlung von Informanten oder Abnehmern für die eigene Arbeit.
Einen „natürlichen“ Schwerpunkt der eigenen Selbstvermarktungsbemühungen sollte das Publikum bilden: Wer glaubt, dass nur Kontakte zu Medienunternehmen letztlich Geld bringen, denkt recht kurzsichtig.
Über soziale Netzwerke können Informationen hohe Verbreitung erfahren und digitale Mundpropaganda kann dabei helfen, schnell (und kostenlos!) Bekanntheit zu erlangen. Massenhaft geteilter, guter Journalismus erzeugt mit Sicherheit Aufmerksamkeit – auch gegenüber Medienunternehmen, die an einer lukrativen Zusammenarbeit interessiert sein könnten.
Darüber hinaus können sich ein hohes Ansehen und namentliche Bekanntheit beim Publikum aber auch anderweitig auszahlen.
Wer guten, engagierten oder auch kontroversen Journalismus betreibt, der viele Menschen erreicht, der kann auch mit Feedback rechnen. Sei es bei Online-Medien über die Kommentarfunktion oder ganz klassisch per Leserbrief: Wortmeldungen aus dem Publikum zur eigenen Arbeit können durch Lob motivieren, aber auch durch konstruktive Kritik den eigenen Horizont erweitern.
Sie bieten zudem einen Ansatz für den Journalisten, mit „seinem“ Publikum direkt in Kontakt zu treten und es näher kennenzulernen; Leserbriefe können ebenso beantwortet werden wie einzelne Wortmeldungen in Kommentarspalten. Ein ernsthafter Austausch mit den Rezipienten, der auf Respekt beruht, trägt wesentlich zum eigenen Renommee bei.
Engagierter Journalismus in Verbindung mit offenkundiger Wertschätzung für das Publikum kann auch dazu führen, dass sich Einzelpersonen mit ihren eigenen Geschichten offenbaren. Wer als Journalist etwa die schlechten Arbeitsbedingungen im Online-Versandhandel darlegt, erhält nicht selten Rückmeldungen von Betroffenen. Daraus können sich wiederum Ansätze für weitere Arbeiten ergeben.
Lediglich gute Qualität abzuliefern, dürfte heutzutage nicht mehr ausreichen: Zu viele Freie konkurrieren um zu wenige (und immer weniger werdende) Aufträge. Für Journalisten empfiehlt sich ein ganzheitlicher Selbstvermarktungs-Ansatz, der potentielle Auftraggeber ebenso berücksichtigt wie (Fach-)Kollegen und das eigene Publikum. Damit dürften die eigenen Investitionen – um in der Marketing-Terminologie zu bleiben – den maximalen Profit abwerfen.
Möglichkeiten, um diese eigenen „Marketingziele“ zu erreichen, gibt es heutzutage glücklicherweise genug, insbesondere online – etwa über die verschiedenen sozialen Medien oder mittels Blogging.
Zunächst einmal die gute Nachricht: Es gibt sie, die Frauen in der Führungsetage! Mit 50 Prozent Frauenquote in der obersten Führungsetage ist die Redaktion der taz der Spitzenreiter. Aber auch die Berliner Zeitung (mit 40 Prozent) und die Zeit (mit 30,4 Prozent) verzeichnen einen großen Frauenanteil in der obersten Führungsetage ihrer Redaktionen. Inwiefern diese Frauen auch noch das große Ziel – die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – erreicht haben, darüber gibt die Statistik von ProQuote / Statista 2014 (Stand vom Februar 2013) keine Auskunft.
Nein, ganz und gar nicht. Begonnen hat der Weg der Frau in den Journalismus bereits im 19. Jahrhundert. Damals fokussierten sich die “deutschen Frauen der Feder” noch auf die Schriftstellerei, legten aber bereits den Grundstein für ihre heutige Tätigkeit. Laut der Studie “Journalismus in Deutschland II / 2005” lag der Frauenanteil Ende der 70er Jahre bei rund 20 Prozent. Bis 2005 hatte sich der Anteil nahezu verdoppelt.
Muss ich mich denn nun wirklich entscheiden, ob ich Journalistin sein möchte oder ob ich eine Familie haben will? Nein. Und nun keine statistischen Werte mehr, sondern eine kleine Geschichte: Mein Sohn war zehn Wochen alt, als ich wieder als Vollzeit-Mitarbeiterin zur Arbeit ging. Ich kehrte damit auch in eine Führungsposition zurück mit Personalverantwortung für 18 Mitarbeiterinnen. Ich arbeitete in einem Verlag. Zweimal in der Woche genoss der Junior die Fürsorge von Opa und Uroma. Den Rest der Zeit konnte ich mich dank einer Home-Office-Regelung selbst um ihn kümmern. Oft wurde ich gefragt, ob das nicht furchtbar sei, das Baby “abzugeben”, und wie der Haushalt daneben noch zu stemmen sei. Auch wenn mich sicherlich viele für die Rabenmutter schlechthin hielten, kann ich nur sagen: Unsere Familie litt keineswegs unter der Situation. Gemeinsam – d.h. mein Mann, unser Junior und ich – konnten wir das “Kind” schaukeln und die oft geforderte “Vereinbarkeit von Familie und Beruf” leben.
Ob der Job leichter zu handeln ist, wenn man mehr Freiräume hat, kann ich in einigen Monaten sagen. Mit einem 14 Monate alten Sohn wagte ich den Sprung in die Selbstständigkeit, beantragte meinen Gewerbeschein und meinen Presseausweis und los gings. Seither bin ich als freiberufliche Journalistin “unterwegs”. Ja, es gibt Abendtermine und ja, es gibt Deadlines und Abgabetermine, die immer zu schnell heranrücken. Aber mal ehrlich: Braucht das der klassische Journalist nicht auch ein wenig? Und wieder einmal kann ich nur eins raten: Organisation und Zusammenhalt sind alles. Ein wenig Sportsgeist ist durchaus gefragt, das gebe ich ja zu, denn Jonglieren ist an der Tagesordnung, aber wenn man den Beruf des Journalisten als Berufung sieht, gehört das einfach mit dazu.
Bezahlschranken bzw. Paywalls im Internet werden in Deutschland gern als Rettungsanker des Online-Journalismus gesehen. Indes zeigen Beispiele aus den USA, dass eine Paywall kein Allheilmittel ist. Ein Überblick:
Nach Recherchen des Branchendienstes »kress« haben mittlerweile 76 Zeitungsverlage eine Paywall bzw. Bezahlschranke eingeführt. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) rechnet damit, dass diese Zahl bis zum Jahresende auf über 100 steigen wird. Besonders fällt auf, dass das Thema Paywall vor allem für kleine Zeitungen relevant ist. Während nur drei überregionale Zeitungen auf Online-Zahlungen setzen, verbergen 73 regionale Zeitungen ihre Inhalte hinter einer Bezahlschranke.
Tatsächlich muss zwischen verschiedenen Paywall-Modellen unterschieden werden: Beim sogenannten Freemium-Modell werden sowohl kostenlose als auch kostenpflichtige Artikel auf der Website veröffentlicht. Die zu bezahlenden Inhalte sind häufig Exklusiv-Geschichten oder aufwendigere Reportagen. In Deutschland nutzen etwa drei Viertel der Zeitungen dieses Modell, unter anderem auch der Onlineauftritt der »Bild«-Zeitung.
Beim »Metered Modell« hingegen sind grundsätzlich alle Artikel auf einer Website kostenlos. Erst wenn der Leser eine bestimmte Anzahl an Artikeln angeklickt hat, schließt sich die Bezahlschranke und es muss ein entsprechender Tages- oder Monatspass gekauft werden, um weitere Inhalte ansehen zu können. Pionier für dieses Modell war die amerikanische »New York Times«. Auf dem deutschen Markt wird das »Metered Modell« beispielsweise von »Welt Online« eingesetzt, die 20 Artikel pro Monat ohne Bezahlung anbietet.
Schließlich gibt es auch noch die echte Paywall, bei der die gesamte Website hinter der Bezahlschranke liegt. In Deutschland nutzen derzeit lediglich drei Zeitungen dieses sehr restriktive Modell.
Einen vollkommen anderen Weg geht hingegen die Tageszeitung »taz«. Hier wurde mit »taz-zahl-ich« ein Freiwilligen-Modell eingeführt. Grundsätzlich sind alle Nachrichten und Reportagen kostenlos erhältlich, der Leser wird beim Anklicken jedoch danach gefragt, ob er für den jeweiligen Artikel bezahlen möchte. Pro Monat verdient der Verlag so um die 10.000 Euro.
In den USA verabschieden sich derweil immer mehr Medien von den eingeführten Bezahlschranken. Vor allem für viele kleine Regionaltitel hat sich die Strategie nicht gelohnt. Bereits im August 2013 erklärte der »San Francisco Chronicle« sein Paywall-Experiment für gescheitert. Und mit der »Dallas Morning News« zog nur drei Monate später die nächste bekanntere Regionalzeitung nach. Beiden war es nicht gelungen, genügend Leser zu gewinnen, die für die Inhalte auch bezahlen wollten.
Jim Moroney, Herausgeber der »Dallas Morning News«, wollte daher wissen, für welche Inhalte die Leser tatsächlich bereit sind zu zahlen, und machte eine überraschende Entdeckung: Vom Angebot exakt derselben Inhalte, die auch in der gedruckten Zeitung zu lesen waren, machten lediglich fünf Prozent der Leser Gebrauch, obwohl der Preis im Internet um 90 Prozent günstiger war als die Printausgabe. »Die Leute wollen nicht für die Inhalte bezahlen; sie bezahlen lieber dafür, wie wir die Informationen zu ihnen bringen und sie präsentieren«, fasste Moroney die Ergebnisse zusammen. Die »Dallas Morning News« will daher in Zukunft verstärkt an der Präsentation der eigenen Beiträge arbeiten. Dazu zählt neben einer Website selbstverständlich auch eine entsprechende App für Tablets und Smartphones.
Die Anzahl der Werbung auf der Website soll reduziert werden, denn viele Leser erwarten online eine komplette Werbefreiheit, wenn sie für Inhalte bezahlen sollen. Eine Mischfinanzierung aus Verkaufserlösen und Werbeeinnahmen, wie sie bei gedruckten Zeitungen und Zeitschriften üblich ist, funktioniert im Internet hingegen nicht.
Selbst die renommierte »New York Times« hat Probleme: Laut einem internen Untersuchungsbericht gehen die Seitenaufrufe immer weiter zurück und die User ziehen kleinere News-Websites wie »Buzzfeed« der etablierten Zeitung vor. Die Macher des Berichts raten der »New York Times«, sich eher auf zeitlose Geschichten und mehr Hintergrundreportagen zu konzentrieren.
Ob angesichts dieser Beispiele die Bezahlschranken in Deutschland den Verlagen den erhofften Erfolg bringen, darf bezweifelt werden. Immerhin: Nach etwa einem halben Jahr hat »Welt Online« mit dem »Metered Modell« knapp 50.000 Abonnenten gewonnen. Und auch Martina Lenk, Geschäftsführerin von »Madsack Online«, zeigt sich zuversichtlich: »Wir haben trotz des Bezahlmodells an Reichweite zugelegt und dadurch mehr Werbeerlöse erzielt. Gleichzeitig haben wir erstmals Vertriebserlöse erzielt.«
Der Schlussredakteur hat im Journalismus eine besonders wichtige Funktion. Er ist sozusagen die letzte Instanz, bevor Artikel in Druck gehen und in der Presse veröffentlicht werden.
Die Texte, die auf dem Tisch des Schlussredakteurs landen, haben bereits mehrere Stufen der Erstellung hinter sich. Zunächst werden die in der Redaktionskonferenz ausgewählten Themen von Redakteuren und Volontären sowie freien Journalisten gründlich recherchiert und für die jeweiligen Medien in das entsprechende Format gebracht. Die Koordination von Terminplänen und Arbeitseinsätzen, Druck und Anzeigenabteilung übernimmt dabei in vielen Redaktionen der Chef vom Dienst und bildet so die Schnittstelle zwischen Redaktion und Herstellung.
Redakteure arbeiten oft mit Grafikern, Fotografen sowie Korrespondenten und Nachrichtenagenturen zusammen, deren Beiträge sie redigieren. Das bedeutet, sie prüfen die sachliche Richtigkeit, verbessern Stil-, Rechtschreib- und Grammatikfehler, kürzen oder ergänzen Textpassagen. Diese Aufgaben können auch von Korrektoren und Lektoren übernommen werden.
Journalisten bzw. Redakteure können dem Deutschen Medienverband beitreten, einem Berufsverband, der ihre Interessen vertritt und seine Mitglieder beispielsweise in rechtlichen Angelegenheiten berät, ihnen Presseausweise ausstellt sowie Zertifizierungen anbietet. Sein oberstes Ziel ist der Erhalt und die Förderung von Qualität im Journalismus.
Sobald die Texte fertiggestellt und von Redakteuren, Korrektoren und / oder Lektoren, Chefredaktion sowie gegebenenfalls Ressortleiter und Rechtsabteilung freigegeben sind, bekommt der Schlussredakteur diese im Layout vorgelegt. Er schaut sich jeden Satz genau an, kontrolliert noch einmal auf grammatikalische und orthografische Richtigkeit. Im Unterschied zu einem Lektor greift er dabei jedoch nicht in die inhaltliche Ebene oder den Textstil ein. Der Schlussredakteur kontrolliert auch das Layout der Seiten und ob die Artikel in den entsprechenden Rubriken auf den richtigen Seiten stehen.
Bei Änderungswünschen und Fehlerkorrekturen hält er Rücksprache mit den Redakteuren oder der Ressortleitung. Anschließend werden die entdeckten Fehler korrigiert und die Änderungen in den Text übernommen. Sprach- und Stilsicherheit ist für einen Schlussredakteur ein absolutes Muss. Worthülsen und Schein-Informationen sollte er sofort enttarnen. Zudem sollte er über Fingerspitzengefühl und kommunikative Fähigkeiten im Umgang mit den Textautoren verfügen, besonders wenn es darum geht, sie auf ihre Fehler im verfassten Text aufmerksam zu machen.
Einen guten Journalisten machen neunzig Prozent Recherche und zehn Prozent Talent aus. Diese Ansage mancher Dozenten an journalistischen Bildungseinrichtungen weist auf die Bedeutung des Recherchierens im Medienberuf hin. Das stilistische Können gehört zwar zweifelsohne zum Erfolg, und auch die Idee für Beiträge kann zündende Wirkung haben. Doch alles dies nützt nichts, wenn nicht gründlich und umfassend recherchiert wird. Jede Nachricht, aus der ein Beitrag entstehen soll, muss von allen Seiten beleuchtet werden. Sind Genre sowie Thema und Absicht eines Beitrages festgelegt, ist der nächste Schritt die Ermittlung der Fakten. Als Hilfsmittel zum strukturierten Vorgehen dienen die sieben W-Fragen: Fünf von ihnen bilden das Basiswissen, die anderen beiden liefern Zusatzinformationen.
Dieses Fragenkonstrukt dient dem gezielten Vorgehen und erweist sich bei der laufenden Sammlung von Informationen als Basis für neue Fakten, die hinterfragt werden wollen. Hier ist Vorsicht geboten und Wesentliches vom Unwesentlichen zu trennen. Was will ich wirklich aussagen? Welche Rechercheergebnisse sind dafür tatsächlich notwendig? Thema und Absicht dürfen nicht aus den Augen verloren werden: Sie müssen die Zielgerade bestimmen.
Da auch das journalistische Arbeiten nicht immer ein Wunschkonzert ist, gibt es neben den eigenen Ideen für Themen die Artikelvergabe. Das heißt, der Journalist hat sich die Aufgabe nicht selbst gewählt, sondern bekommt sie als Auftrag. Die Motivation für diese Entscheidung bedeutet entweder, dass man für diese Geschichte prädestiniert ist oder schlicht kein anderer da ist, der sie schreiben kann. Auch das gehört zum Redaktionsalltag. Je nach Voraussetzungen kann auf Basiswissen zurückgegriffen oder muss bei Null angefangen werden.
Ein journalistischer Beitrag lebt von konkreter fachlicher Kompetenz. Aus diesem Grund gehört zur Recherche, diese Qualifikation über Quellen zu erhalten. Schließlich kann der Journalist zwar über dauerhaft verspätete Züge in einem x-beliebigen Bahnhof schreiben, die nötigen Fakten dazu liefert ihm aber der zuständige Ansprechpartner vor Ort. Neben der Vermittlung des eigenen Eindrucks können konkrete Informationen als Zitate mit dem Namen der Quelle angegeben werden. Möchte ein Informant nicht genannt werden, ist es möglich, ihn mit einem Alias auszustatten und die Bemerkung „der Name ist der Redaktion bekannt“ anzuführen. Erhält die Redaktion einen Tipp, ist ähnlich zu verfahren: “nach Recherchen/Informationen unserer Zeitung”. Grundsätzlich gilt: Wenn eine Quelle nicht zitiert werden möchte, hat dies so zu geschehen. Allerdings: Tatsachenbehauptungen über einen Dritten muss bei einer Klage beweisen können und das kann mit Informanten, die anonym bleiben wollen, schwierig werden.
Ein anderer wichtiger Punkt ist die Objektivität bei der Recherche. Da es nahezu immer zwei Seiten der Medaille, also eines Ereignisses gibt, ist es notwendig, die jeweiligen Parteien mit ihren Ansichten zu erwähnen bzw. ihnen die Möglichkeit einer Meinungsäußerung oder Stellungnahme zu geben. Je nach Thema und Brisanz muss fallbezogen entschieden werden, wieviel Raum der Problematik gegeben wird. Gegenüber den Befragten kann man sich durch einen Presseausweis als Journalist legitimieren. Dann wissen die Gesprächspartner auch, dass man regelmäßig und dauerhaft journalistisch tätig ist.
Bei einer klaren Auseinandersetzung, die viele Menschen interessiert, können zum journalistischen Beitrag die Leser/Hörer/Zuschauer in die Diskussion einbezogen werden. Auch hier ist es wichtig, immer zu wissen, mit wem man es zu tun hat.
Während der Phase der Recherche kann es natürlich auch passieren, dass das Thema so viele Informationen bietet, dass sich zu einem Bericht wegen seiner Brisanz noch ein Leitartikel aufdrängt oder sich zu einer Reportage noch ein Kurzporträt anbietet. Zudem kann das angehäufte Faktenmaterial und damit Hintergrundwissen für weitere Beiträge zu diesem Thema genutzt werden. Ein Beispiel dafür ist die Serie. Eine weitere Möglichkeit besteht, die recherchierten Informationen in Bezug zu einer anderen, aber tangierenden Thematik zu stellen und dazu wiederum Fragen aufzuwerfen.
Grundsätzlich gilt bei allen Recherchearbeiten, die Fakten und die Quellen zu überprüfen, also eine sogenannte Gegenrecherche vorzunehmen. Nichts ist für das Renommee, die Glaubwürdigkeit eines Journalisten und dessen Bekenntnis zum Qualitätsjournalismus so rufschädigend, wie einer “Ente”, einer Falschmeldung, aufgesessen zu sein.