Zu Beginn ein kleines Gedankenspiel. Stellen Sie sich vor, Sie stehen an der Spitze eines globalen Ölkonzerns. Wie aus heiterem Himmel explodiert eine Ihrer Bohrinseln.
Eine andere vergleichbare Ausgangslage wäre folgendes Exempel. Sie sind in der Position des Verteidigungsministers und haben Ihr Amt erst kürzlich übernommen. Sofort werden Sie mit Missständen konfrontiert, die schon seit langer Zeit im Raum stehen und nun allmählich an die Öffentlichkeit gelangen. Im Kern geht es um die Vernichtung von Millionen an Steuergeldern zur Finanzierung zweifelhafter Rüstungsprojekte, die bereits Ihre Vorgänger bewilligt haben und jetzt in Ihren Zuständigkeitsbereich fallen.
Wie reagieren Sie nun am geschicktesten?
Die Devise lautet: Retten, was zu retten ist
Die beschriebenen Konstellationen sind zweifellos ungünstig. Dennoch lässt sich auch solchen Situationen etwas Positives abgewinnen. Sie tragen zwar die Verantwortung, haben die Misere aber nicht aktiv herbeigeführt. Es wäre ebenso möglich, dass Sie sich als Manager des Ölunternehmens kurz zuvor für massive Einsparungen beim Sicherheitskonzept eingesetzt haben. Im zweiten Beispiel hätten Sie die unvorteilhaften Verträge mit der Rüstungsindustrie selbst abgeschlossen haben können.
Zurück zur ursprünglichen Fragestellung. Wie soll es jetzt weitergehen? Ihre Karriere ist akut bedroht.
Angesichts extremer Entwicklungen verfallen viele Menschen in eine Schockstarre und sind handlungsunfähig. Die Praxis zeigt, dass auch vermeintlich starke Menschen in Führungspositionen während einer Krise häufig den Kopf in den Sand stecken. Sie setzen darauf, dass sich die Wogen selbstständig wieder glätten werden.
In der Regel wird diese Vorstellung allerdings nicht real, das Gegenteil ist eher der Fall. Sobald ein Verdacht im Raum steht, beginnen detaillierte Nachforschungen. Das trägt nicht zur Verbesserung Ihrer Lage bei. Letztlich stehen Sie immer in einem Abhängigkeitsverhältnis zu der Person, die Sie zu Beginn eingestellt hat und damit auch die Verantwortung für Ihr Handeln trägt. Sobald der Verantwortliche seine eigene Karriere gefährdet sieht, wird er die nötigen Konsequenzen ziehen und Ihr Arbeitsverhältnis beenden.
Stilles Verharren stellt aufgrund dessen keine Option dar. Von einer Person, die eine leitende Stellung innehat, wird erwartet, dass sie den Handlungsbedarf erkennt und dementsprechend reagiert.
Dabei sind Sie nicht auf sich alleine gestellt. Durch Ihre Führungsposition haben Sie Zugriff auf eine Vielzahl an Ressourcen. Daneben ergibt sich durch die Kenntnis aller notwendigen Informationen ein weiterer Vorteil. Insofern noch nicht alle Fakten an die Öffentlichkeit gelangt sind, können Sie diese dazu nutzen, den Schaden einzudämmen. Selbstverständlich muss bei der Planung der Handlungsstrategie darauf geachtet werden, dass sensible Berichte jederzeit auch nach außen dringen können.
Diese beiden Punkte können Sie für das weitere Vorgehen nutzen. Es bietet sich die Möglichkeit an, einen Berater zu konsultieren, der auf diese Problematiken spezialisiert ist. Er unterstützt Sie bei jeglicher Kommunikation mit der Öffentlichkeit, sodass Sie Ihrem Ansehen durch mangelnde Rhetorik und fehlende Erfahrung nicht weiter schaden.
Krisenmanagement – professionelle Beratung und aktive Hilfe
Krisenkommunikation: PR am Limit
Das Institut für Krisennavigation (eine Forschungseinrichtung der Universität Kiel) definiert Krisen allgemein als „interne oder externe Ereignisse, durch die akute Gefahren für Lebewesen, für die Umwelt, für die Vermögenswerte oder für die Reputation eines Unternehmens bzw. einer Institution drohen.“
In der Praxis treten häufig alle Vorkommnisse in Kombination ein. So zum Beispiel während des Reaktorunglücks von Fukushima. Ein Tsunami (externes Ereignis) trifft auf ein Atomkraftwerk. Das Sicherheitskonzept des Werks erweist sich in der Folge als untauglich (internes Ereignis) und ein Reaktorblock wird zerstört. Gefährliche Strahlung gelangt nach außen und macht die Umgebung auf lange Zeit unbewohnbar (Gefahr für Lebewesen und Umwelt). Das Image der Betreiberfirma Tepco wird nachhaltig geschädigt und die verursachten Kosten des Unglücks gehen in die Milliarden.
Die Kieler Navigatoren teilen Krisen basierend auf ihrem Schwerpunkt in drei Gruppen ein:
- Bilanzielle Krisen: Landläufig auch als Pleiten bezeichnet, drehen sich in der Regel um den (drohenden) Verlust der Zahlungsfähigkeit
- Kommunikative Krisen („Skandale“): Im Kern geht es meist um Falschaussagen oder Streitereien Einzelner im Licht der Öffentlichkeit
- Operative Krisen: Störfälle mit Gefahrenpotenzial
Krisenkommunikation hat demnach sichtbar viele Dimensionen. Angesichts dessen, was oftmals auf dem Spiel steht, ist geeignetes Personal in dieser Branche sehr begehrt. Spezialisten finden sich unter anderem an Instituten, wie zum Beispiel jenem in Kiel. Auf der Grundlage umfangreicher Datensammlungen zu vergangenen Krisen werden Empfehlungen und Lösungsansätze für die Zukunft entwickelt. Im Notfall wird auch eine direkte Unterstützung angeboten. Dies geschieht in Form von Gutachten, die auf Meinungsumfragen gestützt sind. Die aktive Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen gehört in der Regel allerdings nicht zur Offerte solcher Einrichtungen.
Deutlich praxisnaher agieren dagegen professionelle PR-Agenturen. Sie haben einen umfangreichen Maßnahmenkatalog im Angebot, der praktische Hinweise und auch aktive Hilfe beinhaltet. Dazu zählen beispielsweise Schulungen, in denen der Kunde den korrekten Umgang mit kritischen Pressevertretern erlernt. Weiterhin besteht die Möglichkeit, durch eine PR-Fachkraft während einer akuten Krisensituation aktiv unterstützt zu werden. Meist hat die professionelle Beratung durch eine solche Agentur einen stolzen Preis. Meistert man ein Dilemma mithilfe eines Fachmanns erfolgreich, hat sich diese Investition allerdings mehr als bezahlt gemacht.
Andrea Gerum
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