Der Weg in die (journalistische) Freiheit – Studium beendet, Journalistenschule absolviert – und nun?
Dass eine redaktionelle Festanstellung leider mittlerweile dem sprichwörtlichen Sechser im Lotto gleichkommt, hat sich unter journalistischen Berufseinsteigern längst herumgesprochen. Ob bei Print, Rundfunk oder Online – am Anfang stehen oft Engagements als freier Journalist.
Die erfolgreiche Existenz als freier Journalist erfordert ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit.
Zum einen müssen natürlich Auftraggeber gewonnen werden – das bedeutet geschickte Selbstvermarktung, Aufbau eines Netzwerks aus persönlichen Kontakten sowie den Erwerb von gefragtem Spezialwissen.
Neben der „sozial-fachlichen“ Dimension betrifft dies aber auch den finanztechnischen Bereich. Freie Journalisten bekommen nicht automatisch ihren Lohn überwiesen, sondern arbeiten auf Rechnung. Sie müssen sich auch selbst um die Vorsorge für Alter, Krankheitsfall sowie Berufsunfähigkeit kümmern.
Dem steht ein Mehr an Freiheit und Selbstbestimmung im beruflichen Alltag gegenüber – quasi als „Ausgleich“ für das erhöhte persönliche Risiko, das alle Freiberufler zu tragen haben. Um diese Freiheit wirklich genießen zu können, sollte der freie Journalist bei der Anmeldung seiner Tätigkeit allerdings einige Punkte beachten.
An erster Stelle steht immer die Anmeldung der ausgeübten Tätigkeit bei der örtlichen Finanzbehörde. Dies geschieht über einen mehrseitigen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung, in dem unter anderem Angaben zur Art der Beschäftigung sowie zu den erwarteten Einkünften gemacht werden. Dabei wird das deutsche Steuerrecht seinem Ruf leider gerecht – es ist alles andere als einfach. Beispiel gefällig?
Eine wichtige Entscheidung im Zusammenhang mit der Anmeldung lautet etwa: Kann/soll ich die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen?
Diese Regelung befreit auf Wunsch alle, deren Umsatz bestimmte Grenzen nicht überschreitet, von der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer). Das kann durchaus einen Wettbewerbsvorteil darstellen, falls der Auftraggeber nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Denn auf den Betrag, den der „freie Kleinunternehmerjournalist“ seinem Auftraggeber in Rechnung stellt, wird keine Umsatzsteuer mehr draufgeschlagen. Allerdings entfällt dann auch die Möglichkeit, jene Mehrwertsteuerbeträge vom Finanzamt zurückzufordern, die bei Investitionen in Arbeitsmaterial (vom Bleistift bis zum Laptop) anfallen. Wer zu Beginn seiner freiberuflichen Tätigkeit viel Equipment anschaffen möchte, kann daher ohne Kleinunternehmerregelung besser wegkommen.
Aufgrund solcher und weiterer Entscheidungsprobleme („Wie mache ich eigentlich meine Steuererklärung?“) empfiehlt sich die Teilnahme an einem Gründerseminar, wie es von Arbeitsagenturen oft kostenlos angeboten wird. Oder aber gleich ein Gespräch mit dem Steuerberater. Das ist zwar nicht umsonst, aber vom Fachmann gibt es oftmals wertvolle Ratschläge, die im Endeffekt bares Geld wert sind. Sehr beliebt (weil verständlich geschrieben und ebenfalls gratis) sind auch die Steuertipps für Autoren und Journalisten aus dem Haufe-Verlag.
Deutlich weniger komplex ist dagegen der zweite gesetzlich zwingend vorgeschriebene und zugleich absolut empfehlenswerte Schritt für angehende freie Journalisten.
Die Künstlersozialkasse (KSK) wurde ins Leben gerufen, um Kreativschaffenden eine arbeitnehmerähnliche soziale Absicherung zu bieten.
Bei einem Angestelltenverhältnis teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Beiträge zu Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung in etwa zur Hälfte. Freiberufler hingegen müssen grundsätzlich die Gesamtlast selbst tragen – es sei denn, sie sind Mitglied bei der KSK. Dann übernimmt diese den Arbeitgeberanteil.
Die Anmeldung geschieht über die zuständige Künstlersozialkasse. Auch hierbei müssen Angaben zur Art der Beschäftigung sowie zum geschätzten Einkommen gemacht werden (nach dem sich die monatlichen Beiträge bemessen). Zusätzlich werden Nachweise gefordert, um die angegebene Beschäftigung auch zu belegen. Im Falle von Journalisten können dies beispielsweise Honorarabrechnungen oder Rahmenverträge sein. Das bedeutet allerdings, dass die (hauptberufliche) Tätigkeit als freier Journalist bereits ausgeübt wird.
Bis auf die Anmeldung ist hier allerdings kaum Bürokratie im Spiel; auch ein komplizierter Versicherungswechsel ist nicht nötig. Die bestehende gesetzliche Krankenkassenmitgliedschaft bleibt bestehen – die KSK übernimmt lediglich den Arbeitgeberanteil und überweist ihn an die Krankenversicherung des Journalisten. Dadurch reduziert sich der Versicherungsbeitrag de facto um die Hälfte!
Wer privat krankenversichert ist, kann sich als Berufsanfänger oder später als Höherverdienender von der Versicherungspflicht befreien lassen und erhält einen Beitragszuschuss.
Journalistenverbände bieten wesentlich mehr als den bekannten Presseausweis. Sie verstehen sich auch als Netzwerk, in dem sich Journalisten untereinander austauschen. Insbesondere „Neulinge“ können hier vom Wissen und der Erfahrung altgedienter Journalisten profitieren. Zudem bieten die Berufsverbände regelmäßig Informationsveranstaltungen an, die das Leben als freier Journalist ungemein erleichtern können. Bisweilen ergeben sich auch Chancen auf neue und spannende Engagements.
Angesichts dessen erscheinen die geringen Monatsbeiträge für eine Mitgliedschaft als überaus lohnenswerte Investition, die zudem steuerlich als Werbungskosten absetzbar ist.
Journalistenverbände fordern von Neumitgliedern Tätigkeitsnachweise wie etwa Honorarabrechnungen oder Belegexemplare (z. B. Scans, Audio- und Videomitschnitte von eigenen Veröffentlichungen). Auch hier muss die Tätigkeit als freier Journalist also bereits ausgeübt werden.
Ein leidiges Thema – die Altersvorsorge. Besonders bei Berufsanfängern genießt sie oftmals keinen besonders hohen Stellenwert. Zumal die Anfangsgehälter meist nicht allzu üppig ausfallen. Viel Geld zum Beiseitelegen bleibt in der Regel gar nicht übrig.
Dennoch: Gerade Freiberufler sollten lieber früher als später damit beginnen, finanzielle Vorsorgen für Krankheitsfall und Alter zu treffen. Selbst wenn die Künstlersozialkasse die Rentenversicherungsbeiträge übernimmt – die gesetzliche Rente reicht heutzutage kaum noch aus, um im Alter auch nur das Existenzminimum zu sichern.
Private Vorsorge wird daher immer wichtiger.
In jungen Jahren, wenn die Arbeitskraft ihren „Lebenshöchstwert“ erreicht, fällt es im Normalfall wesentlich leichter, mit vertretbarer (bezahlter) Mehrarbeit Rücklagen aufzubauen.
Das sind eine ganze Menge Aspekte, die von angehenden Freischaffenden berücksichtigt werden sollten. Und gerade zu Beginn einer Journalistenkarriere erscheint die freiberufliche Existenz oft eher aus der Not geboren (mangels Chance auf Festanstellung).
Sobald jedoch die ersten Hürden genommen sind, entfaltet das freijournalistische Leben und Arbeiten oft seinen besonderen Charme: Unabhängigkeit, keine festen Bürozeiten – nicht wenige Journalisten verbringen ihre Karriere zufrieden und durchgehend als „Freie“!
Wer etwas Umsicht walten lässt und sich nicht unter Wert verkauft, kann daher als freier Journalist mit Sicherheit ebenso glücklich werden wie ein Redakteur in Festanstellung.
Die journalistische Karriere in Schwung bringen – durch Selbstvermarktung
Freiberufler müssen die eigenen Produkte und Dienstleistungen in der Regel selbst unters Volk bringen, um Geld zu verdienen – das gilt für Musiker und Designer ebenso wie für freie Journalisten.
Für jeden Freiberufler sollte es daher das Ziel sein, sich nicht nur mit Qualitätsarbeit einen guten Ruf zu erarbeiten, sondern auch aktiv für die eigene Bekanntheit zu sorgen.
Denn „nur“ durch exzellente Arbeitsleistung lässt sich der Lebensunterhalt kaum bestreiten, wenn niemand davon erfährt und darum auch keiner dafür zahlt.
Auch und gerade freie Journalisten müssen daher etwas Zeit und Energie aufwenden, um positiv aufzufallen und in Erinnerung zu bleiben.
Möglichst viele potentielle Auftraggeber erreichen und überzeugen: Beim Stichwort „Selbstvermarktung“ dürften die ersten Gedanken wohl in diese Richtung gehen. Und auch für Journalisten stehen die Beziehungen zu Verlagen und Redaktionen verständlicherweise meist im Vordergrund, denn das sichert unmittelbar das eigene Auskommen.
Darüber hinaus gibt es jedoch auch weitere Personenkreise, die Medienschaffende bei den eigenen Selbstvermarktungsbemühungen berücksichtigen sollten.
Durch Respekt gegenüber Menschen, die derselben Tätigkeit nachgehen, lässt sich viel erreichen. Trotz der angespannten Lage – Stichwort “Medienkrise” – ist kollegialer Zusammenhalt unter Journalisten als Ausdruck gegenseitiger Wertschätzung keineswegs die Ausnahme. Das reicht vom ungezwungenen Gedankenaustausch, aus dem sich Ideen für neue Artikel oder Beiträge ergeben können, über die Weitergabe von Wissen bis hin zur Vermittlung von Informanten oder Abnehmern für die eigene Arbeit.
Einen „natürlichen“ Schwerpunkt der eigenen Selbstvermarktungsbemühungen sollte das Publikum bilden: Wer glaubt, dass nur Kontakte zu Medienunternehmen letztlich Geld bringen, denkt recht kurzsichtig.
Über soziale Netzwerke können Informationen hohe Verbreitung erfahren und digitale Mundpropaganda kann dabei helfen, schnell (und kostenlos!) Bekanntheit zu erlangen. Massenhaft geteilter, guter Journalismus erzeugt mit Sicherheit Aufmerksamkeit – auch gegenüber Medienunternehmen, die an einer lukrativen Zusammenarbeit interessiert sein könnten.
Darüber hinaus können sich ein hohes Ansehen und namentliche Bekanntheit beim Publikum aber auch anderweitig auszahlen.
Wer guten, engagierten oder auch kontroversen Journalismus betreibt, der viele Menschen erreicht, der kann auch mit Feedback rechnen. Sei es bei Online-Medien über die Kommentarfunktion oder ganz klassisch per Leserbrief: Wortmeldungen aus dem Publikum zur eigenen Arbeit können durch Lob motivieren, aber auch durch konstruktive Kritik den eigenen Horizont erweitern.
Sie bieten zudem einen Ansatz für den Journalisten, mit „seinem“ Publikum direkt in Kontakt zu treten und es näher kennenzulernen; Leserbriefe können ebenso beantwortet werden wie einzelne Wortmeldungen in Kommentarspalten. Ein ernsthafter Austausch mit den Rezipienten, der auf Respekt beruht, trägt wesentlich zum eigenen Renommee bei.
Engagierter Journalismus in Verbindung mit offenkundiger Wertschätzung für das Publikum kann auch dazu führen, dass sich Einzelpersonen mit ihren eigenen Geschichten offenbaren. Wer als Journalist etwa die schlechten Arbeitsbedingungen im Online-Versandhandel darlegt, erhält nicht selten Rückmeldungen von Betroffenen. Daraus können sich wiederum Ansätze für weitere Arbeiten ergeben.
Lediglich gute Qualität abzuliefern, dürfte heutzutage nicht mehr ausreichen: Zu viele Freie konkurrieren um zu wenige (und immer weniger werdende) Aufträge. Für Journalisten empfiehlt sich ein ganzheitlicher Selbstvermarktungs-Ansatz, der potentielle Auftraggeber ebenso berücksichtigt wie (Fach-)Kollegen und das eigene Publikum. Damit dürften die eigenen Investitionen – um in der Marketing-Terminologie zu bleiben – den maximalen Profit abwerfen.
Möglichkeiten, um diese eigenen „Marketingziele“ zu erreichen, gibt es heutzutage glücklicherweise genug, insbesondere online – etwa über die verschiedenen sozialen Medien oder mittels Blogging.