Zu den Social Media zählen soziale Netzwerke wie Facebook ebenso wie Weblogs, Videokanäle und Twitter. Allen gemein ist: Sie sollen zumindest theoretisch jedem zugänglich sein und die Verbreitung von Nachrichten auf einer nichthierarchischen Ebene ermöglichen, die sich in Dialogen oder Diskussionen fortsetzt. Ein Nachweis, dass die Person regelmäßig und dauerhaft journalistisch tätig ist, wie dieser etwa durch einen Presseausweis des Deutschen Medienverbandes erfolgt, einem Berufsverband für Journalisten, die sich der Qualität im Journalismus verpflichtet fühlen, ist nicht notwendig. Dieser Wunsch, die Nachrichtenwelt zu demokratisieren, birgt jedoch einige Probleme in sich. Eines davon betrifft die Bewertung der Glaubwürdigkeit einer Nachricht bzw. der Quelle, von der sie stammt, die sich auf die Frage zuspitzen ließe: Handelt es sich wirklich um Qualitätsjournalismus oder um die Verbreitung von Gerüchten, basierend auf einer Mischung aus Dichtung und Wahrheit?
Social Media und Journalismus
Nachrichten, die über die sozialen Medien geteilt werden, können sich rasant verbreiten. Sie lassen sich teilen, kommentieren, verändern, diskutieren. Niemand muss Journalist sein, schon gar keiner, der durch eine Zertifizierung des Deutschen Medienverbandes nachgewiesen hat, dass er sein journalistisches Handwerk beherrscht, um auf diese Weise Nachrichten herausgeben zu können. Verbände twittern ebenso wie Parteivorsitzende oder die Privatperson – und oft weiß man noch nicht einmal, in welcher Eigenschaft Personen twittern. Das Private wird somit oft öffentlich und damit politisch und geschäftlich genutzt. Von den klassischen Medien werden die Social Media einerseits zur Verbreitung eigener Nachrichten genutzt, andererseits dienen ihnen Blogs und Twitter-Accounts als Nachrichtenquelle. Die Verbreitung von Nachrichten über Social Media beeinflusst daher sowohl das Verhalten der Rezipienten als auch die Recherche von Journalisten und definiert die Grenze zwischen Journalismus und persönlich motivierter Nachrichtenverbreitung neu. Diese Veränderungen sollten in die Diskussion über Qualität im Journalismus mit einbezogen werden.
Nachrichtenverbreitung über Onlinepräsenzen klassischer Medien
Der Wettlauf um die Zeit, der die Nachrichtendienste ohnehin immer begleitet, wird durch Social Media noch einmal verschärft. Ein Nachteil, der sich daraus ergibt, besteht in der mangelnden Prüfung des Wahrheitsgehaltes von Informationen. Dennoch lässt sich – trotz mancher bedauernswerter Negativbeispiele – festhalten, dass Journalisten, die sich dem Qualitätsjournalismus verpflichtet fühlen und über eine solide journalistische Ausbildung verfügen, mit der Bewertung und Aufbereitung von Quellen und Informationen eher vertraut sind als Laien. In Deutschland kommt hinzu, dass sie sich dem Pressekodex des Deutschen Presserates verpflichtet fühlen sollten. Ein Presseausweis, der von einem seriösen Journalistenverband mit hohen Qualitätsstandards ausgestellt ist, weist die Berufsgruppenzugehörigkeit eines Journalisten nach.
Nachrichtenverbreitung durch Privatpersonen
Kommt einem mit dem Smartphone gefilmten Amateurvideo, das einen Demonstrationsverlauf ausschnitthaft zeigt, der gleiche Beweischarakter zu, wie dem Film eines journalistisch ausgebildeten Kamerateams? Grundsätzlich lassen sich die Grenzen der Glaubwürdigkeit nicht zwischen Amateuren und Profis ziehen. Daher scheint es angebracht, in beiden Fällen die gleichen Kriterien zu prüfen. Steht ein spezielles Interesse hinter der Verbreitung einer Nachricht? Wer zeichnet dafür verantwortlich? Wie verhält es sich um das Renommee der Person oder Institution, die die Nachricht verbreitet? Gilt diese als glaubwürdige Quelle? Lässt sich mehr als eine Quelle, ein Beleg dazu finden? Zudem sollten sich Leser und Betrachter gerade bei Bildmaterial immer darüber im Klaren sein, dass lediglich ein Ausschnitt aus einer ganz bestimmten Perspektive gezeigt werden kann. Wahr ist nicht identisch mit der ganzen Wahrheit.
Andrea Gerum
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