Über 3 Milliarden Ergebnisse gibt Google aus, wenn ich die Suchmaschine damit beauftrage, nach dem Stichwort “Blog” zu suchen. Natürlich stehen neben vielen privaten Blogs ebenso Bloghoster, Freeware und Tipps und Tricks rund um die Vermarktung von Blogs in den Suchergebnissen. Doch was steckt hinter dieser Artikelform, die nicht erst seit gestern in aller Munde ist – und vor allem wer steckt dahinter? Wer bloggt im Netz und geht der Trend dahin, dass die heutigen Fachjournalisten die Blogger von morgen sind?
Werfen wir einen Blick zurück in die Geschichte von Internet-Blogs. Nahezu zeitgleich mit dem Internet hat sich das neue Medien-Genre der Blogs ins selbige eingeschlichen. Die ersten Blogs glichen Protokollen und Tagebüchern, in denen chronologische Entwicklungen oder Abläufe meist technischer Natur dargestellt wurden und machten damit nicht zuletzt ihrem Namen alle Ehre. Schließlich ist der Blog (oder Weblog) das Resultat einer Wortkreuzung aus Web und Log. Der erste Blog-Hype ist in den USA zwischen 1999 und 2002 zu verzeichnen. In diesem Zeitraum wuchs die Anzahl auf eine halbe Million Blogs an. Neben privaten Themen wurde der Blog zum Sprachrohr vieler, die den 11. September 2001 in New York miterlebt hatten oder die Geschehnisse online kommentieren wollten. Auch aus Krisen- oder Kriegsgebieten berichteten fortan Menschen per Blog.
Die Grenze schien gebrochen und Blogs wurden zur Plattform für Themen, über die in den traditionellen Medien wenig berichtet wurde. Emotionsreich und kritisch wurde dabei kommentiert – und der Druck auf die traditionellen Formate erhöht. Im US-amerikanischen Wahlkampf waren Blogs ein geschätztes Genre und vielleicht kann die Tatsache, dass Blogger die noch nicht mal einen Presseausweis beantragt haben (neben Journalisten) offiziell zu Presseterminen geladen wurden, sogar als erster Meilenstein auf dem Weg zum Blog-Journalismus angesehen werden. Ihre Art der Berichterstattung war gelenkt von der Zielgruppe: Diese wünschte sich emotionale Reporter, die Klartext redeten und in einem gewissen Rahmen frei von der Seele weg online kommentieren konnten. Ein neuer Beruf war geboren – schließlich konnten es sich namhafte Medienvertreter nicht mehr leisten, keinen Blog zu unterhalten.
Die erste deutsche Blogger-Hochphase gab es 2004/2005. Fortan wurde nicht nur über die Bloggerszene berichtet, sondern auch über die Blogger selbst, die mehr und mehr Einfluss bekamen. Und dieser kann insbesondere für Unternehmen kritisch werden. Genau dann nämlich, wenn sich die Bloggerszene zusammenschließt, ein Thema im Netz weitergetragen wird und eine Lobby bekommt. Spätestens dann müssen sich auch andere Medienvertreter des Themas annehmen.
Werfen wir einen Blick hinter den Bildschirm: Wer sitzt da am Computer und verbreitet Blogbeiträge? Grundsätzlich kann jede Privatperson – mitunter sogar recht günstig – einen eigenen Blog produzieren. Oft werden private Blogs als öffentliche Tagebücher verwendet und damit zur Kommunikationsplattform. Betrachtet man Blogs vor diesem kommunikativen Hintergrund, kann man in ihnen sogar eine Weiterentwicklung des klassischen Leserbriefes sehen, denn der Kommunikationsverlauf ist fest verbunden mit dem jeweiligen Thema und offen für weitere Leser und Schreiber, die mitdiskutieren wollen. Darüber hinaus kann ein Blog auch eines sein: Sprachrohr für Journalisten, die neben der klassischen Arbeit für einen Herausgeber Berichte veröffentlichen, die nicht einem einzelnen Auftraggeber zugedacht sind oder schlichtweg der Selbstvermarktung dienen. Da Blogs dem Deutschen Telemediengesetz unterliegen, besteht dennoch Kennzeichnungspflicht.
Aufatmen können mittlerweile auch die Freunde guter Texte in puncto Qualität: Längst vorbei ist die Zeit, in denen Blogs dazu genutzt wurden, um das fürs Ranking benötigte Keyword möglichst oft unterzubringen – der traurige Trend des Keywordsuffings, bei dem lediglich Stoppwörter das klickenswerte Wort unterbrachen, wurde eingedämmt – und so ist nun nur eines gefragt: guter Content. Spannend ist in diesem Zusammenhang zu beobachten, wer hinter den Beiträgen in Fachforen steckt. Ausgebildete Journalisten und damit Fachkräfte, die gut recherchierte Beiträge veröffentlichen?
Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Studie, die im Mai 2014 unter dem Titel “Blogger 2014 – Das Selbstverständnis von Themenbloggern und ihr Verhältnis zum Journalismus” erschienen ist. Beleuchtet wurde neben anderen Themen das Rollenverständnis von Bloggern. Das Verhältnis zur klassischen Journalistenzunft stand ebenso auf dem Prüfstand. Zu Beginn der Studie wird zwischen drei Blog-Typen unterschieden: private Online-Tagebücher, journalistische Blogs und Corporate Blogs. Sie unterscheiden sich in erster Linie in der Zielstellung. Während Online-Tagebücher in gewissem Maße die Sucht nach Selbstdarstellung befriedigen wollen, informieren Journalisten, Redakteure und Fachkräfte in journalistischen Blogs zu speziellen Themen mit Relevanz. Coporate Blogs werden von den jeweiligen Betreibern (Vereinen, Verbänden, Parteien und Unternehmen) zu Kommunikationszwecken genutzt.
Im Rahmen der empirischen Erhebung des Forscherteams der Universität Hohenheim wurden Blogger journalistischer Blogs / Themenblogs befragt. Ein Blick auf die soziodemografischen Werte verrät: Die Blogger sind meist männlich und hochgebildet. Und warum investiert die befragte Blog-Community so viel Zeit in das Erstellen von Beiträgen für die Nutzer im Web? Die Erklärung und Vermittlung komplexer Sachverhalte sowie die Information des Publikums stehen dabei im Vordergrund. Doch auch der Bericht über Sachverhalte sowie die Motivation zur Diskussion im Netz sind Motive der befragten Blogger. Wichtig ist ihnen darüber hinaus, Trends aufzuzeigen und Ideen zu vermitteln, als Ratgeber zu dienen oder um eigene Ansichten kundzutun. Daneben ist der Unterhaltungsfaktor den Bloggern wichtig.
Und wie eng ist dieser Studie folgend der Zusammenhang von Bloggern und Journalisten? Nur 8,7 Prozent der Befragten haben journalistische Erfahrungen, obgleich ihnen die journalistische Qualität ihrer Beiträge sehr wichtig ist. Viele halten Blogs für eine neue Art des Journalismus, doch auch der Konkurrenzgedanke wurde ins Feld geführt. Letztendlich wage ich einen vorsichtigen Blick in die Zukunft und glaube an die Verzahnung von Bloggerwelt und journalistischen Genres. Als Forum für Fachjournalisten ist es eine Möglichkeit, Fachinformationen attraktiv verpackt einer Masse an Usern zur Verfügung zu stellen und dabei sogar noch Geld zu verdienen.
Doch der Verdienst ist vergleichsweise gering: Die Hälfte der befragten Blogger erwirbt gerade einmal 100 Euro monatlich. Nur 20 Prozent nehmen bis zu 500 Euro monatlich ein. Bei thematischen Blogs zählen Werbeeinnahmen und Affiliate Marketing zu den größten Einnahmequellen. Doch passt das nicht ganz klassisch in das Bild eines freiberuflichen Journalisten, der durch diverse Auftraggeber sein Auskommen sichert?