Das Internet hat sich in den vergangenen Jahren einen festen Platz in vielen Alltagsbereichen erkämpft. Diese Etablierung interaktiver digitaler Medien wirkt sich zunehmend auch auf politischer Ebene aus. Viele Beobachter und Analysten meinen, im Internet einen Faktor erkannt zu haben, der maßgeblichen Einfluss auf die Stärkung einer verbesserten demokratischen Grundstruktur haben könnte. Vor allem dem “social web” wird im Hinblick auf die Möglichkeit der politischen Beteiligung großes Gewicht beigemessen.
Skeptiker führen dagegen ins Feld, hinter der angeblichen Demokratisierung bzw. digitalen Demokratie stecke letztlich nur das Bestreben einiger weniger Personen, mehr Kontrolle zu erlangen. Die Datensammelwut und fehlende Transparenz seien eindeutige Indizien für diese Annahme. Die sog. “E-Demokratie”, also die elektronische oder digitale Demokratie, erfordere für ihr Funktionieren neben Partizipation der Bürger nämlich vor allem transparentes Regierungshandeln.
Ob das Internet nun tatsächlich eine demokratisierende Wirkung ausübt wird letztlich vor allem davon abhängen, wie dieses Medium im Rahmen des politischen Handelns genutzt wird und ob dabei zu erkennen ist, dass Prozesse der Teilhabe tatsächlich stattfinden und eine Wirkung entfalten.
Einleitend kann man sicherlich feststellen, dass die Etablierung digitaler Medien in den letzten Jahren vor allem auf die Absenkung der technischen Hürden zurückzuführen ist. Smartphones und Tablets erlauben es mittlerweile auch weniger technikaffinen Menschen, ihre Positionen im Internet zu präsentieren und mit anderen darüber ins Gespräch zu kommen. Gleichzeitig gestattet es die Fülle an verfügbaren Informationen dem Einzelnen, sich ein sehr detailliertes Bild von Sachverhalten und Problemstellungen zu machen. In der Folge scheint es vielen Internetusern leichter zu fallen, sich zu bestimmten politischen Fragen zu positionieren, diese Position in irgendeiner Form (Internetblog, Forum, soziale Medien) zu kommunizieren und auf diese Weise den gesellschaftlichen Dialog zu beleben.
Das Internet hat in der Form von Transparenzportalen zudem eine völlig neue Form des kritischen Hinterfragens von parlamentarischer Arbeit ermöglicht. Hintergrund dieser Portale ist die eingangs genannte These, dass Demokratie nicht ohne ein Mindestmaß an Transparenz beziehungsweise Nachvollziehbarkeit staatlichen Handelns funktionieren kann. Die gewonnenen Erkenntnisse werden dabei in vielen Fällen so aufbereitet, dass sie den allermeisten Besuchern der Portale auch ohne eine intensive Auseinandersetzung mit komplexen politischen Prozessen zugänglich sind.
Das Potenzial der Möglichkeit, Menschen via Internet an politischen Prozessen zu beteiligen, ist in Deutschland mittlerweile auch von staatlicher Seite erkannt worden. Sowohl Bund als auch Länder sind momentan im Begriff, ihre digitale Präsenz auszubauen, um auf diese Weise zum einen das Verwaltungshandeln zu erleichtern und zum anderen eine völlig neue Kommunikationskultur mit dem Bürger zu schaffen. Rein altruistisch ist diese Vorgehensweise freilich nicht. Offenbar hat man erkannt, dass mit dem Einbeziehen einer möglichst großen Zahl von Partizipanten eine größere Dynamik im Hinblick auf die Gewinnung von Informationen und Ideen einhergeht. Und natürlich soll E-Government auch zu Kosteneinsparungen führen.
Glücklicherweise hat sich auch bei der Frage nach dem gleichberechtigten Zugang zum Internet für alle in der jüngsten Vergangenheit viel getan, so dass die überwiegende Mehrheit der Bürger auch tatsächlich von dieser Entwicklung profitieren kann.
Ob die Ausdehnung der Beziehung zwischen Bürger und Staat auf die digitale Sphäre ein probates Mittel gegen die Skepsis ist, die viele der Politik gegenüber entwickelt haben, bleibt abzuwarten. Tatsache ist jedenfalls, dass das Internet die Möglichkeiten der politischen Beteiligung in erheblichem Ausmaß erweitert hat. Aus staatlicher Sicht kann eine verbesserte Dialogfähigkeit mit den Bürgern unter anderem die verstärkte Legitimation politischer Entscheidungen bedeuten. Aus Sicht des Bürgers wird es zukünftig vor allem darauf ankommen, ob die Ergebnisse, die am Ende eines wie auch immer gearteten Kommunikationsprozesses stehen, auch tatsächlich zumindest teilweise verbindlich sind. Denn ohne konkrete Resultate wird man die Sinnhaftigkeit eines verbesserten Dialogprozesses schnell in Frage stellen. Es bleibt zu hoffen, dass die Chancen genutzt werden und man irgendwann rückblickend resümieren kann, das Internet habe mitsamt seiner zahlreichen Partizipationsmöglichkeiten eine völlig neue Form des demokratischen Selbstverständnisses geschaffen.